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Andreas Ziep im Gespräch © Angela Lamprecht / Vorarlberg Tourismus

Andreas Ziep

Der Experimentierfreudige mit Vorliebe für gute Naturküche

Die eigene Region als Speisekammer

Andreas Ziep ist Chefkoch im Naturhotel Chesa Valisa im Kleinwalsertal – einem der zwei biozertifizierten Hotels in Vorarlberg. Die Wertschätzung für jedes einzelne Produkt steht bei ihm ganz im Vordergrund. Biokoch ist er deshalb nicht nur von Beruf, sondern auch privat.

TEXT: DANIELA KAULFUS
Oktober 2022

Der Gourmetführer Gault & Millau hat das Naturhotel Chesa Valisa als „Hotel-Entdeckung des Jahres 2023“ ausgezeichnet. Bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass das Vier-Sterne-Superior-Haus auf eine 500-jährige Geschichte zurückblickt. Es liegt in Hirschegg im Kleinwalsertal – der schönsten Sackgasse der Welt, wie die Einheimischen sagen. Aus Vorarlberg erreicht man die Region nur über den Riedbergpass via Deutschland. Das Chesa Valisa liegt mitten im Grünen in weitgehend unverbauter Umgebung. Ein Refugium für Erholungssuchende.

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Das Geschwisterpaar Magdalena und David Kessler führt das Chesa Valisa in 14. Generation. Es ist biozertifiziert, das heißt, von der Ausstattung über Reinigungsmittel, Bettwäsche bis zur Küche. Seit Mai 2022 ist Andreas Ziep im Team. Der junge Küchenchef hat bereits als Kind Feuer für den Beruf gefangen. „Meine Eltern und Großeltern hatten immer Zeit zum Kochen. Mir hat es Spaß gemacht zu sehen, was man aus ein paar Zutaten alles machen kann.“ Das Handwerk gelernt hat er bei Jeremias Riezler in der Walserstuba in nächster Nachbarschaft, wo Andreas Ziep die erste Haube mit erkocht hat. Dreierlei vom Schwein stand auf der Karte, dazu Schupfnudeln und Rösti, von denen selbst Schweizer Gäste behaupteten, es seien die besten, die sie je gegessen hätten. Nach weiteren Stationen in Spitzenhäusern vertritt er heute eine „ehrliche Naturküche mit französischem Einschlag“ und hat sich der bewussten Ernährung zugewandt. Auch privat verwendet er Bioprodukte.

Naturhotel Chesa Valisa, Kleinwalsertal © Angela Lamprecht / Vorarlberg Tourismus
Andreas Ziep mit Familie Kessler, Naturhotel Chesa Valisa © Angela Lamprecht / Vorarlberg Tourismus

„Man muss nur lernen, mit den verfügbaren Produkten umzugehen.“

Jedes Gemüse wird wertgeschätzt
Also ab in die Küche: Andreas Ziep greift nach dem großen Bio-Randig im Gemüsekorb, schneidet das Wurzelstück ab und setzt die Knolle fast liebevoll auf das mit Salz bedeckte Blech. Er bereitet Buchweizenplätzchen mit Petersilien-Püree, Vegi-Jus und Randig zu. Anderthalb Stunden wird der Randig im Backofen schmoren, bis er bissfest ist und sich das volle Aroma entwickelt hat. Die Wertschätzung für die Produkte hat er früh gelernt – als Lehrling beim Salat putzen. „Wenn man Gemüse Zeit gibt zu wachsen, steckt viel Energie drin.“ Geht es nach ihm, dann „braucht es keine Modefrüchte wie Avocado. Was da drinsteckt, ist auch im Weißkraut oder Kürbis. Was wir hier haben, ist unsere Speisekammer!“

Für den Vegi-Jus schneidet der Küchenchef Karotten, Sellerie und Zwiebeln in grobe Würfel, Lauch und eine Knolle Knoblauch teilt er in Stücke. Er röstet alles an und gibt Rosmarin, Lorbeer und Piment dazu. Beim Duft regt sich ein leichtes Hungergefühl. Die Bio-Ausrichtung sieht Andreas Ziep als Bereicherung. „Man muss nur lernen, mit den verfügbaren Produkten umzugehen.“ Bioprodukte variieren mitunter mengenmäßig oder beispielsweise beim Fettgehalt der Sahne, meint Ziep. „Ein Koch ist kein Apotheker. Wir haben zwar Rezepte, aber wiegen nicht jedes Gramm ab. Viel ist Gefühlssache. Man muss die Dinge anfassen, kosten. Manche Karotte ist süßer oder weicher. Ein Bio-Sellerie ist mitunter hart wie ein Stein, der länger zum Garen braucht.“ Es ist jedenfalls von Vorteil, flexibel und kreativ zu sein, denn es ist auch nicht immer alles verfügbar. „Wir planen zwei Wochen im Vorhinein, manchmal auch nur zwei bis vier Tage.“

Rote Bete © Angela Lamprecht / Vorarlberg Tourismus
Andreas Ziep beim Anrichten © Angela Lamprecht / Vorarlberg Tourismus

„Wenn man Gemüse Zeit gibt zu wachsen, steckt viel Energie drin.“

„Grüner Tag“
Im Sommer haben die Kesslers den „Grünen Tag“ eingeführt. Der sei zunächst auf Überraschung gestoßen, allerdings im positiven Sinne. „Die Gäste schätzen es, dass jeweils am Donnerstag kein Fleisch auf dem Teller ist. Sie kommen meist mit der Erwartung zu uns, dass sie gesund essen. Und wer dann doch ein Schnitzel möchte, bekommt es“, schildert Andreas Ziep schmunzelnd. Auch vegane Gerichte stehen auf dem Menüplan.

Es ist Essenszeit für die Mitarbeiter:innen. Selbstverständlich erhalten auch sie Biokost. Fisch, Getreideplätzchen und eine große Auswahl an Gemüse stehen bereit. Der Appetit ist kaum mehr zu bändigen und man würde sich am liebsten am Buffet bedienen. Doch es dauert nicht mehr lange: Die gegarten Petersilienwurzeln verarbeitet der Mixer gerade lautstark zu Püree und der Chefkoch schwitzt klein gewürfeltes Wurzelgemüse in einem Topf mit Öl an. Den Buchweizen gibt er vorsichtig dazu, gießt mit Gemüsebrühe auf, lässt das Getreide garen und stellt die Masse dann kühl. Die akkurat gleich großen Buchweizenplätzchen gelingen, indem er mit dem Eisportionierer Kugeln auf die Bratfläche setzt und sie mit einer Kelle flachdrückt. Man lernt nie aus.

Küche im Naturhotel Chesa Valisa, Kleinwalsertal © Angela Lamprecht / Vorarlberg Tourismus
Andreas Ziep kocht © Angela Lamprecht / Vorarlberg Tourismus

„Die Gäste schätzen es, dass jeweils am Donnerstag kein Fleisch auf dem Teller ist.“

Der Garten als Lehrmeister
Der hauseigene Garten ist eine wichtige Quelle für Gemüse, Obst und Kräuter. Alles gedeiht bestens auf dem 1.200 Meter hoch gelegenen Grundstück. „Heuer hatten wir je um die hundert Kilo Zwetschken und Äpfel, das sind für uns große Mengen. Wir haben uns mit Marmelade, Kompott und Apfelmus eingedeckt.“ Seit dem Sommer experimentiert das Küchenteam mit Permakultur. In einem Riesenei werden Bioabfälle gesammelt und mit Kieselerde angereichert, um eigenen Humus herzustellen. Der wird probeweise für die Kartoffelzucht verwendet. „Der Garten ist unser bester Lehrmeister.“

Die restlichen Zutaten bekommt Ziep aus Vorarlberg und dem nahen Allgäu. Etwa Pilze, Essige und Öle von Bettina Lenz aus Wolfurt. Hühner, Eier und Mehl bezieht er vom Martinshof, von Irmin Bechter Gänse und Enten. Die Käserebellen und Vorarlberg Milch liefern Käse, Butter und Topfen. Fleisch kauft Andreas Ziep – selbstverständlich im Ganzen – vorwiegend bei den örtlichen Biobauern und bei der Walser Metzgerei in Meiningen. „Es ist schön, wenn man die Leute kennt. Das gehört zur Dorfgemeinschaft dazu.“

Vegetarisches Gericht im Naturhotel Chesa Valisa, Kleinwalsertal © Angela Lamprecht / Vorarlberg Tourismus
Buchweizenplätzchen anrichten © Angela Lamprecht / Vorarlberg Tourismus

„Der Garten ist unser bester Lehrmeister.“

Naturmensch im Naturhotel
Im 13-köpfigen Küchenteam kommen verschiedene Generationen zusammen: von Lehrlingen bis zu einem Pensionisten, der freiwillig verlängert hat. „Wir sind gut aufgestellt und behalten die Fünf-Tage-Woche auch über Weihnachten und Silvester bei“, sagt der gebürtige Ulmer. Wegen der Work-Life-Balance. Seine eigene findet er, wenn er in den Bergen unterwegs ist. „Ich wohne seit meinem 13. Lebensjahr hier. Das Kleinwalsertal hat mich geprägt. Ich war auch weg, aber es zieht mich immer zurück.“ Der Hohe Ifen ist einer seiner Lieblingsberge. „Der Blick von dort oben oder vom Widderstein bis zum Bodensee ist einfach herrlich. Das entspannt mich, ich bin ein Naturmensch“, sagt Ziep. Für das Naturhotel ist er damit die Idealbesetzung. Die Gäste goutieren die Bioausrichtung mit Interesse und schönen Rückmeldungen. Auch Besucher:innen, die dem Profi nur einen Vormittag lang über die Schulter schauen und glücklich feststellen, wie leicht das köstliche Gericht nachzukochen ist.

Andreas Ziep im Portrait © Angela Lamprecht / Vorarlberg Tourismus
Küche im Naturhotel Chesa Valisa, Kleinwalsertal © Angela Lamprecht / Vorarlberg Tourismus

„Das Kleinwalsertal hat mich geprägt. Ich war auch weg, aber es zieht mich immer zurück.“

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