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E-Bike Bregenz, am Bodensee (c) Peter Mathis / Vorarlberg Tourismus

Fast so schön wie fliegen

Mit dem E-Bike vom Bodensee bis an den Fuße des Piz Buin

E-Bike-Tour
Vorarlberg

Reportage

E-Biken vom Bodensee bis zum Piz Buin

Berge erleben und Radeln, das war lange Zeit nur für gut Trainierte eine schöne Kombination. Mit dem E-Bike ist das endlich anders – da kann man locker Höhenmeter erklimmen und quer durchs Land fahren, zum Beispiel bei einer spritzigen Tour vom Bodensee bis zum Piz Buin


TEXT: STEFAN NINK


„Das hier ist ein Adler“, meint er und rollt das Fahrrad aus der Werkstatt, „damit schwebst du über den Dingen. Ist wie fliegen.“ Der Mann im Sportgeschäft tätschelt den Vorderreifen, fast zärtlich
sieht das aus. Die Reifen sind ziemlich dick und haben ein gewaltiges Profil. Überhaupt wirkt alles an diesem Rad rauflustig: der Rahmen wuchtig, der Lenker breit, die Kette so, als könne man mit ihr notfalls auch einen gestrauchelten Bergsteiger aus der Schlucht ziehen. Und alles ist mattschwarz. Ich bin mir nicht sicher, ob Adlerfedern die gleiche Farbe haben, aber mit mir im Sattel wird das Rad sowieso anders unterwegs sein. Eher wie eine Krähe. Der Mann prüft den Luftdruck, die Kette, die Gangschaltungen rechts und links und überlegt, ob er etwas vergessen hat. Hat er. Er drückt mir einen Schlüssel in die Hand. Für das Schloss, mit dem sich der Akku vom Rahmen lösen lässt. „Wirst du nicht brauchen. Für das, was du vorhast, reicht der Saft allemal.“

Das, was ich vorhabe: ist ein ganz schöner Ritt. Von Dornbirn fahre ich mit dem Zug bis nach Bregenz, der Landeshauptstadt am Bodensee. Von dort soll es bis nach Partenen am Fuße der Silvretta gehen, quer durch Vorarlberg, aus der Ebene in die Berge. Knapp hundert Kilometer, 600 Höhenmeter. Der Radweg ist für gemütliche E-Bike-Touren bestens geeignet. Und wer nicht mehr weiter will, steigt einfach in die Bahn ein und lässt sich zurückbringen. Das sind perfekte Rahmenbedingungen, da kann man schon mal wagemutig planen: Wir wollen die Strecke an einem Tag zurücklegen. Alle hundert Kilometer. Die Krähe und ich.

E-Bike Bregenz (c) Peter Mathis / Vorarlberg Tourismus
E-Bike Bregenz Bodensee (c) Peter Mathis / Vorarlberg Tourismus

Und schon sind wir unterwegs. Das heißt: Schon machen wir die erste Pause. In Bregenz. Am See, auf einer Bank, in der Sonne, direkt am Milchpilz. Das ist ein inoffizielles Wahrzeichen der Stadt, seit den 1950ern schon. Nirgendwo in Vorarlberg (und vermutlich nirgendwo in Österreich) machen sie einen besseren Milchmix als hier. Man könnte glatt sitzen bleiben, den ganzen Tag, und auf den See hinausschauen, wenn da nicht die hundert Kilometer wären. Also los!

Kurz auf die Karte geschaut, auf „Eco“ geschaltet, und schon schnurren die Reifen über den Bodenseeradweg, und schon spreizt die Krähe ihre Schwingen und hebt ab. Hinein in ein Österreich, das in Saft und Kraft steht, vorbei an Weiden und Obstbauernhöfen und durch Wiesen, in denen Störche den Fröschen hinterherstaksen. Der Radweg führt direkt am Rhein entlang und scheint eine Abkürzung zu kennen, jedenfalls sind wir ratzfatz in Hohenems, ganz schnell geht das. Möglicherweise hat auch der kleine Badeabstecher in den Alten Rhein geholfen. Zwischen Lustenau und Hohenems. Die Krähe mag mal einen neuen Akku benötigen, mir haben fünf Minuten im Wasser gereicht.

E-Bike Feldkirch (c) Peter Mathis / Vorarlberg Tourismus
E-Bike am Seewaldsee © Dietmar Denger / Vorarlberg Tourismus

„Hier sieht die Welt aus, als wolle sie nach den Sternen greifen.“

Vorarlberg sieht jetzt anders aus. Bis gerade eben waren die Berge Pastellzeichnungen im Dunst des Horizonts, jetzt stehen sie plötzlich viel näher. Einige sind sogar schon da. Die Kirche in Hohenems schmiegt sich an steilen Fels, als müsse das Gotteshaus selbst Schutz suchen. Die folgenden Berge sind derart bewuchert und bewachsen, dass man den Eindruck hat, man fahre in einer grün gerahmten Landschaft. Und dann kommt schon Feldkirch, und da wird Mittagspause gemacht. Vor ein paar Jahren haben sie hier Szenen für einen James Bond gedreht, „Ein Quantum Trost“, in der historischen Altstadt, das muss ziemlich aufregend gewesen sein. Im wirklichen Leben ist Feldkirch natürlich ruhiger. Viel entspannter, viel lässiger, fast schon mediterran. Die halbe Stadt sitzt mittags auf dem Marktplatz beim Wein in der Sonne. Und die Pasta schmeckt so gut wie in Italien.

Kurzer Abstecher, nicht nach Ludesch oder Thüringerberg, sondern – in die Theorie. Wer noch nie auf einem E-Bike unterwegs war, hat nämlich möglicherweise falsche Vorstellungen. So ein Rad ist kein Mofa, das von allein fährt – man muss schon in die Pedale steigen. „Fahrrad mit Trethilfe“ ist die offizielle Bezeichnung. Besagte Trethilfe kann man stufenweise dazuschalten. Als ob eine unsichtbare Hand auf dem Rücken ein bisschen schieben würde, so fühlt sich das an. Von Stufe zu Stufe gibt der Motor dann mehr Schub dazu; bei der höchsten wird die Leistung des Fahrers verdoppelt. Was das bedeutet? Das bedeutet, dass aus der Krähe dann manchmal tatsächlich ein Adler wird. Selbst mit mir im Sattel.

Hinter Nenzing wird einem zum ersten Mal bewusst, wie sehr man sich in den vergangenen Stunden aus dem flachen Vorarlberg ins alpine Vorarlberg voran gestrampelt hat; spätestens ab Bludenz hat man das Gefühl, in den Alpen unterwegs zu sein, dafür sorgen schon die schneebedeckten Gipfel weit hinten am Horizont. Und im Montafon weiß man sowieso, dass man im Montafon ist: Hier existieren keine hundert Meter ebene Fläche am Stück. Das komplette Montafon ist ja so eine nach oben strebende Region: Das Tal der Ill wird flankiert von himmelhochjauchzenden Gebirgszügen – die Silvretta mit ihren Dreitausendern, der Rätikon mit seinen Kalkzinnen gleich nebendran, auf der anderen Talseite das Verwall, alles Berge, und alles keine kleinen. Man kann nicht behaupten, die Geologie habe sich im Montafon zurückgehalten. Die Welt sieht hier eher so aus, als wolle sie nach den Sternen greifen.

E-Bike (c) Peter Mathis / Vorarlberg Tourismus

In Schruns tausche ich den Akku. Nicht, weil er leer wäre – ich will einfach mal ausprobieren, wie das ist, wenn man einen Akku tauscht. Alles in allem dauert das Ganze etwa so lang wie ein Reifenwechsel in der Formel Eins: Eine Angestellte sieht mich absteigen und hat den frischen Akku bereits in der Hand, als ich mit dem alten in den Laden komme. Sie will eine Unterschrift, das war’s. Eine Minute später hat die Krähe wieder Power. Damit sich das Absteigen überhaupt gelohnt hat, setze ich mich in den Biergarten gegenüber. Und bestelle ein Radler.

Dann ist später Nachmittag, und dann wird das Tal enger, und dann noch enger, und dann bin ich in Partenen, das wie ein Wachposten vor den Serpentinen der Silvretta-Hochalpenstraße hockt. Bald zurück, in Gaschurn, werde ich mich von der Krähe trennen müssen, von dort geht es mit dem Bus nach Schruns und dann weiter mit der Bahn nach Bregenz zurück. Für einen Moment reizt es mich, der Krähe noch einmal Flügel zu verleihen und mit einem neuen Akku aufzusteigen bis zum Stausee am Fuße des Piz Buin, 2300 Meter über Null, ganz nah an den Wolken. Dann entdecke ich an einem Hotel die Worte „Thermalbad“, „Sauna“ und „Vorarlberger Spezialitäten“, und das war’s dann mit den Serpentinen. Auch E-Biker müssen mal an die Aufladestation.

E-Biken Montafon (c) Udo Bernhart / Österreich Werbung

Gute Aussichten garantiert: E-Biker im Montafon

E-Bike-Tour

Mit dem E-Bike vom Bodensee zur Silvretta

  • Bregenz Seeanlagen. Bregenz ist ein schöner Ausgangs- oder Endpunkt für Touren

    Mit dem E-Bike vom Bodensee zur Silvretta

    Mit dem E-Bike quer durch Vorarlberg. Für einen ausgiebigen Radgenuss bietet sich die Strecke…

    • 96.34 km

    • 7 h

    • mittel

    Schwierigkeit: mittel
    Strecke: 96.34 km
    Aufstieg: 590 m
    Abstieg: 6 m
    Dauer: 7 h
    Tiefster Punkt: 392 m
    Höchster Punkt: 970 m
    Kondition:

    Erlebnis:

    Landschaft:

    Mit dem E-Bike vom Bodensee zur Silvretta

    Mit dem E-Bike quer durch Vorarlberg. Für einen ausgiebigen Radgenuss bietet sich die Strecke von…

    Start der Tour

    Dornbirn, Eisengasse bzw. Bregenz, Haltestelle Bregenz-Hafen

    Ende der Tour

    Gaschurn, Intersport-Geschäft in der Talstation Versettlabahn

    Beschreibung

    Berge erleben und Radeln, das war lange Zeit nur für gut Trainierte eine schöne Kombination. Mit dem E-Bike ist das endlich anders – da kann man locker Höhenmeter erklimmen und quer durchs Land fahren, zum Beispiel bei einer spritzigen Tour vom Bodensee bis zum Fuße des Piz Buin. Die etwa 100 Kilometer lange Strecke startet in Bregenz am Bodensee auf etwa 400 Metern und führt bis nach Gaschurn auf etwa…

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